Oral History: Steina Vasulka im Gespräch mit Arnold Dreyblatt
Ab 19.12.2024
Im Rahmen der Oral History-Reihe des Neuen Berliner Kunstvereins werden Pioniere der Videokunst, deren Werke sich in der Sammlung des n.b.k. Video-Forum befinden, zu den frühen Jahren der Videokunst befragt. Der in Berlin lebende Medienkünstler und Komponist Arnold Dreyblatt, der in den 1970er Jahren bei Steina und Woody Vasulka studierte, sprach online mit Steina Vasulka zu Hintergründen ihres und des gemeinsamen Werks mit Woody Vasulka, ersten Experimenten mit elektronischen Bildern und Sounds, zur Gründung von The Kitchen in New York und zur Rolle von Frauen im Kontext dieser prägenden ersten Jahre.
Steina Vasulka (*1940 in Reykjavik als Steinunn Bjarnadottir, lebt in Santa Fe/New Mexico) studierte zunächst Violine am Musikkonservatorium in Prag (1959-1963), bevor sie 1965 mit ihrem Mann Bohuslav Peter (Woody) Vasulka (*1937 in Brno, †2019 in Santa Fe) nach New York zog. Zusammen mit Andreas Mannik gründeten die beiden 1971 hier das wegweisende Performance-Theater The Kitchen, das rasch zu einem zentralen Veranstaltungsort für elektronische und experimentelle Kunst avancierte. Steina Vasulka wurde zu einer prägenden Persönlichkeit der neu entstandenen Medienkunstszene. Bereits in Prag hatte sie sie zusammen mit Woody Kurzfilme gedreht, ab 1967 begannen beide mit elektronischen Tönen und Stroboskoplicht zu experimentieren, ab 1969 auch mit elektronischen Bildern. Steina Vasulkas Begeisterung für Video und ihre Entwicklung multimedialer Installationen machen sie zu einer Pionierin der analogen wie digitalen Videokunst. Sie experimentierte mit der Kamera sowie mit Soundeffekten und erforschte immer wieder neue Möglichkeiten, mittels elektronischer Bearbeitung aus Videobildern Klänge und aus Klängen Videobilder zu generieren, die das Publikum in seinen Wahrnehmungsgewohnheiten überraschen. Sowohl Steina als auch Woody Vasulka kamen verschiedenen Lehraufträgen nach und wurden mit zahlreichen Stipendien und Preisen geehrt, u. a. dem American Film Institute Maya Deren Award 1992 und dem Siemens-Medienkunstpreis 1995 am ZKM Karlsruhe.
Arnold Dreyblatt (*1953 in New York City, lebt in Berlin) ist Medienkünstler, Komponist und Musiker. Er studierte bei Steina und Woody Vasulka am Department of Media Study der State University of Buffalo/New York (1975-1976) sowie Komposition und Vergleichende Musikwissenschaften bei Pauline Oliveros, La Monte Young und Alvin Lucier (1975-1982). 1984 zog er nach Berlin. Seine künstlerische Praxis reicht von Medieninstallationen über Kunst im öffentlichen Raum bis hin zu interaktiven künstlerischen Forschungsprojekten. Gleichzeitig hat er ein einzigartiges Werk in den Bereichen Komposition und Musikperformance entwickelt. Seine Arbeit wurde mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt, u. a. von der Foundation for Contemporary Performance Arts in New York, mit dem Förderpreis der Akademie der Künste in Berlin und mit einem Aufenthalt am Center for Arts, Science and Technology am Massachusetts Institute of Technology in Boston. Von 2009-2022 lehrte Dreyblatt als Professor für Medienkunst an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. Seit 2007 ist er Mitglied der Akademie der Künste Berlin, seit 2021 steht er hier der Sektion Bildende Kunst als stellvertretender Direktor vor.